Dass ich nach der Schule erst einmal einige Zeit im Ausland verbringen wollte, das war mir schon lange klar. Und da ich mich als gebürtiger Hamburger bereits als Weltbürger fühle, konnten mich auch besonders weit entfernte Destinationen nicht einschüchtern. Eine Herausforderung stellte lediglich die Wahl des jeweiligen Reiselandes dar. Schließlich gab es hier eine Menge an aufregenden Optionen. In die engere Wahl kamen dabei vor allem Neuseeland, Kanada und Australien. Denn abgesehen von ihren geographischen Ausmaßen und einer eindrucksvollen Natur bieten diese Länder auch das ausgesprochen praktische Modell eines sogenannten “Work and Holiday”-Visums. Dieses erweist sich nicht nur als vorteilhaft, da man vor allem bei der Arbeit mit Einheimischen und anderen Reisenden Land und Leute kennenlernt, sondern ganz nebenbei auch noch sein Reisebudget aufstockt.
Reiseplanung auf eigene Faust
Da ich mich bereits lange mit dem Thema Auslandsaufenthalt auseinandergesetzt habe und dabei auf so manche tragisch-komische Geschichte von ehemaligen Working Holiday-Reisenden gestoßen bin, die ihren Aufenthalt im Land ihrer Träume mit einer Organisation gebucht und dabei so manche böse Überraschung erlebt haben, war für mich klar, dass ich mich lieber auf mein eigenes Gespür verlasse. Abgesehen davon war mir jenes grenzenlose Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit wichtig, welches man im Allgemeinen mit Leben und Arbeit in Australien in Verbindung bringt. Denn Down Under sollte es letztendlich sein. Schließlich vereinte Australien so ziemlich alles, was ich mir von einem sechsmonatigen Aufenthalt in einem fremden Land erhoffte: einzigartige Naturerlebnisse, ein facettenreiches Entertainment-Angebot sowie eine Fülle an möglichen Aktivitäten und letztendlich natürlich auch Arbeitsgelegenheiten. Dass ich dahingehend alles andere als kleinlich war, das ist mal klar. Denn von zahlreichen Ferienjobs war ich schon so einiges gewohnt.
Was mir lediglich Sorgen bereitete, waren die notwendigen Formalitäten. Ein Blick auf einschlägige Webseiten genügte hier jedoch, um festzustellen, dass sich das Visum mühelos online beantragen lässt. In puncto Jobs stand ich, wie bereits erwähnt, allem offen und aufgeschlossen gegenüber. Da man mit einem Working Holiday Visum jedoch nur bis zu sechs Monate arbeiten darf, war mir klar, dass ich hinsichtlich der Auswahl an Tätigkeiten in gewisser Weise eingeschränkt war, da in vielen Branchen ausschließlich Personal für einen längeren Zeitraum gesucht wird.
Die interessantesten Jobs im Überblick
Im Rahmen eines Working Holiday- Aufenthaltes waren also vor allem Jobs in der Gastronomie, im Tourismus-Bereich oder auf dem Bau angesagt. Letztere waren angeblich besonders gut bezahlt, doch irgendwie hatte ich kein großes Interesse, meine kostbare Zeit mit physisch übermäßig anstrengender Arbeit zu verschwenden. Für mich waren eher Tätigkeiten geeignet, bei denen ich gleich auch nette Leute treffen konnte.
Und davon gibt es in Australien zweifellos eine ganze Menge! So hatte ich das Glück, gleich bei meinem ersten Stopp in der lebendigen Metropole Melbourne in einem Hostel unterzukommen, in dem ich nicht nur auf unzählige Gleichgesinnte, sondern auch auf besonders hilfreiches Personal stieß. Paul und Steve beispielsweise versorgten nicht nur die Rezeption und die immer proppevolle Bar mit dem notwendigen Input, sondern streuten ganz nebenbei auch wertvolle Informationen über vergleichsweise lukrative Jobs.
Um also meinen anfänglichen Enthusiasmus genügend auszunutzen, ergriff ich nahezu jede Gelegenheit, die sich mir bot. Dazu zählte der Wochenenddienst im Hostel, wo ich an der Rezeption eine Menge interessanter junger bzw. junggebliebener Leute aus aller Welt traf, für die es auch nichts Schöneres als die Reiseleidenschaft gab. Unter der Woche arbeitete ich am Tag in einem direkt am Strand gelegenen Cafe. Von hier aus hatte ich einen herrlichen Blick auf das Meer, was bei mir als echter Hamburger irgendwie heimatliche Gefühle auslöste. Allerdings muss ich gestehen, dass ich etwas geblöfft habe, um diesen Job zu bekommen. Denn von bereits gesammelter Erfahrung konnte wahrlich keine Rede sein. Angesichts der schon fast monumentalen Espressomaschine wurde es mir dann doch etwas anders zumute. Doch auch hier gab es tolle Kolleginnen und Kollegen, die mich schnell in die Kunst der hochwertigen Kaffeezubereitung einführten. In den Abendstunden tauschte ich die braune Bohne gegen etwas stärkere Zutaten aus. Der Besitzer des Kaffeehauses, Ollie, der nur einige Jahre älter war als ich, war offenbar von meinem Lern- und Arbeitseifer angetan und bot mir gleich einen Job in einer Bar am Rye Back Beach an. Dieser liegt etwa 70 Kilometer von Melbourne entfernt in der wunderschönen Region Mornington Peninsula.
Harmonische Kombination aus Arbeit und Freizeit als Erfolgsrezept
Natürlich kommt es in erster Linie auf den persönlichen Geschmack an, ob man sich nun für einen gebuchten oder selbst organisierten Working Holiday-Aufenthalt entscheidet. Auch die Wahl der Tätigkeiten ist jedem selbst überlassen. Ich hatte sicherlich überdurchschnittlich viel Glück, an jedem Ort auf Menschen zu stoßen, die mir irgendwie weitergeholfen haben. Als Geheimtipp kann ich nur empfehlen, sich auch bei harten Jobs täglich noch eine Auszeit zu gönnen, um auch die schönen Seiten seines Gastlandes zu genießen. Ich habe viele Leute getroffen, die nach drei harten Monaten des Obstpflückens ohne nennenswerte Abwechslung völlig entnervt und ausgelaugt waren und erst einmal eine Phase der Regenerierung benötigten. Natürlich kann die Arbeit auf dem Land auch mit tollen Erfahrungen verbunden sein. Für mich war der Aufenthalt in Australien jedoch vor allem so unvergesslich und wohl in jedem einzelnen Moment wunderschön, weil ich täglich ein ganzes Potpourri an Aufgaben zu erfüllen hatte und dafür mit einzigartigen und abwechlsungsreichen Eindrücken belohnt wurde. In meiner freien Zeit am Rye Back Beach beispielsweise hatte ich die Gelegenheit, Freundschaft mit leidenschaftlichen Surfern zu schließen und von ihnen so manche Tricks zu lernen, um meine eigenen Skills auszubauen.
Melbourne als legendäre Metropole mit vielen Gesichtern hatte ebenfalls ihre ganz eigenen Reize zu bieten. Neben aufgeschlossenen Menschen und kultureller Vielfalt wartete ein nahezu überwältigendes Unterhaltungsprogramm auf mich. Dieses sorgte dafür, dass ich selbst während meiner arbeitsreichen Phase in Melbourne niemals wirklich das Gefühl hatte, ausgepowert zu sein. Entsprechend konnte ich nach fünf Monaten der abwechslungsreichen Tätigkeiten auch mit einer Fülle an neuen Erfahrungen, schönen Erinnerungen und dem notwendigen Kleingeld meine Reise ins Outback antreten, um mein Gastland auch aus der Sicht eines entspannten Rucksacktouristen kennenzulernen.
Die Aussage, dass Reisen bildet, kann ich nun mit Blick auf meinem im Rahmen des Working Holiday-Aufenthaltes in Australien gesammelten Erfahrungsschatz nur bestätigen.